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Umfrage: Ärzte vernachlässigen Sorgen von Krebskranken

Schwäche, Zukunftsängste, Depressionen: Menschen mit Krebs leiden an vielen Begleitsymptomen. Doch wie eine Umfrage zeigt, widmen Ärzte diesen Problemen nicht genug Aufmerksamkeit. Auf dem Europäischen Krebskongress fordern Mediziner jetzt eine Verbesserung der Arzt-Patienten-Kommunikation.

Für Menschen mit der Diagnose Krebs verkommt der Grund allen Übels häufig zur Nebensache. Denn oft ist die Entfernung des Tumors ein unkomplizierter Eingriff, und die eigentliche Tortour für den Patienten beginnt mit der langwierigen Behandlung danach. Chemotherapie und Bestrahlung können massive Nebenwirkungen haben: Schwäche, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Zukunftsängste plagen die Betroffenen. Als besonders belastend empfinden sie soziale Probleme, Depressionen, Angstzustände, Sorgen, Schlaflosigkeit und Einschränkungen des Sexuallebens.

Doch offensichtlich, so das Ergebnis einer noch nicht publizierten Studie, die von Forschern jetzt beim Europäischen Krebskongress in Wien vorgestellt wurde, widmen die Ärzte der Betroffenen diesen Problemen nicht genug Aufmerksamkeit. "Diese Themen werden im Arzt-Patienten-Gespräch offenbar nicht adäquat berücksichtigt", sagt Felix Tauchert vom Universitären Zentrum für Tumorerkrankungen in Frankfurt. Er und sein Team hatten in einer Studie etwa 1300 Krebspatienten zu ihren Problemen und ihrer Zufriedenheit mit dem Artz-Patient-Gespräch befragt.

Demnach gaben nur 16 bis 46 Prozent der Patienten an, dass ihre Ärzte sich mit ihren Sorgen und Ängsten ausreichend beschäftigten. Die Autoren der Studie erhoben die belastenden Faktoren mit einem umfassenden Fragebogen. Im Schnitt waren die Betroffenen 63 Jahre alt, davon 51,7 Prozent waren Frauen. In 211 Fällen handelte es sich um Brustkrebs, gefolgt von Dickdarmkrebs (153), Lymphomen (98) und dem Lungenkarzinom (88). 67 Prozent der Patienten erhielten eine Chemo- oder Strahlentherapie. 16 Prozent hatten eine solche Therapie hinter sich oder befanden sich bereits in Nachbeobachtung. 17 Prozent bekamen eine andere Behandlung.

Knapp 13 Millionen Neudiagnosen jährlich
Pro Jahr gibt es weltweit etwa 12,7 Millionen Krebs-Neudiagnosen und jährlich 7,6 Millionen Todesopfer. Das bedeutet, dass viele Millionen Menschen während der Therapie oder in der Nachbeobachtung teilweise im Ungewissen über ihre Zukunft sind. Im Laufe der Zeit ändert sich die Situation der Betroffenen jedoch: "Die meisten krebsspezifischen Fragebogen gehen davon aus, dass Abgeschlagenheit, Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen die wichtigsten Symptome sind", sagt Tauchert. "Doch in den vergangenen 20 Jahren gab es deutliche Verbesserungen bei der Begleittherapie, zum Beispiel gegen Übelkeit und Erbrechen bei Chemo- und/oder Strahlentherapie. Das könnte die Bedeutung dieser Symptome geändert haben."

Deshalb müsse ein Umdenken stattfinden, so Tauchert. Die Arzt-Patient-Kommunikation müsse dazu gebracht werden, dass Themen wie sexuelle Probleme, Depressionen, Angstzustände, Sorgen und Schlaflosigkeit ernster genommen werden.

Krebs kostet europaweit jährlich 120 Milliarden Euro
Eine aktuelle Studie, die ebenfalls am Freitag auf dem Kongress vorgestellt wurde, zeigt, dass europaweit jährlich etwa 120 Milliarden Euro im Kampf gegen Krebs ausgegeben werden. Rein medizinische Ausgaben verursachen nur etwa ein Drittel der Gesamtkosten, der Rest verteilt sich auf volkswirtschaftliche Folgen. Im Vergleich zu Deutschland gibt demnach kein anderes Land so viel Geld für die Pro-Kopf-Behandlung aus.

Von den Gesamtkosten belaufen sich die Behandlungskosten auf 36 Prozent, wie es in einer Mitteilung hieß. Damit sind mehr als 85 Millionen Tage, die Patienten in Krankenhäusern verbrachten, mit einbezogen. Einkommensausfälle wegen vorzeitiger Sterblichkeit belaufen sich ebenfalls auf 36 Prozent, während Gehaltsverlust durch Krankheit 8 Prozent der Kosten verursacht. Der Rest summiert sich mit 20 Prozent auf unbezahlte Pflege.

"Krebs stellt eine enorme ökonomische Belastung nicht nur für die Gesundheitssysteme dar, sondern auch für andere Bereiche einer Volkswirtschaft", sagte Studienleiter Ramon Luengo-Fernandez vom Zentrum für Gesundheitsökonomie der Universität Oxford.

Die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben zur Bekämpfung der Krankheit innerhalb der EU-Länder verzeichnet den Angaben zufolge Deutschland. Mit durchschnittlich 165 Euro pro Person (erkrankt oder nicht erkrankt) gibt die Bundesrepublik fast fünfmal so viel aus wie Litauen mit 32 Euro. Die Studie zeigte, dass Staaten in Nord- und Mitteleuropa tendenziell viel mehr für die Krebsbehandlung ausgeben.

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