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Brustkrebs: Ein Gläschen Wein verlängert das Leben

Ärzte Zeitung 25.04.2013, Thomas Müller

Länger leben dank Alkohol: Wenn sich Frauen mit Brustkrebs regelmäßig ein Gläschen Wein gönnen, wirkt sich das positiv auf ihre Lebenszeit aus. Entscheidend ist allerdings, wie viel Alkohol sie konsumieren.

SEATTLE. Es ist eine Studie, die für nachhaltige Diskussionen sorgen dürfte: Vor einiger Zeit hatte man noch geglaubt, dass Alkohol mit Blick auf Brusttumoren eher ungünstig ist und aufgrund seiner Fähigkeit, den Östrogenspiegel zu erhöhen, die Entstehung von Mammakarzinomen oder von Rezidiven solcher Tumoren begünstigt.
Nun legt eine neue Studie nahe, dass Frauen mit Brustkrebs, die mäßig bis moderat Alkohol trinken, länger leben.
Diese Schlussfolgerung ergibt sich zumindest aus einer Auswertung der Collaborate Breast Cancer Study (CBCS), einer großen US-Kohortenstudie mit über 23.000 Brustkrebs-Patientinnen (J Clin Oncol 2013; online 8. April).

Ein Liter Rotwein enthält 100 g Alkohol
Die Frauen wurden einerseits zu Beginn retrospektiv über ihren Alkoholkonsum befragt, zum anderen liegen prospektive Daten von knapp 4900 Frauen zum Alkoholkonsum nach der Tumordiagnose vor.
Zunächst schauten sich Onkologen um Polly Newcomb vom Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle, USA, die Überlebensrate der Gesamtkohorte an, und zwar bezogen auf die Angaben zum Alkoholkonsum vor der Krebsdiagnose.
Nach im Schnitt 11,3 Jahren war knapp ein Drittel der Frauen gestorben, von diesen etwa die Hälfte an Brustkrebs.
Zu Beginn der Studie, also nicht lange nach der Krebsdiagnose, waren 19 Prozent der Frauen abstinent. Von diesen waren im Schnitt elf Jahre später 16,5 Prozent an Brustkrebs gestorben.
Von den Frauen, die 10 bis 20 g Alkohol pro Woche tranken - das war die Hälfte - starben im selben Zeitraum nur 15,4 Prozent an dem Tumor.
Am niedrigsten war die Sterberate bei Frauen mit einem Konsum von 30 bis 60 g Alkohol pro Woche mit 13,6 Prozent, danach stieg sie wieder leicht an, lag aber selbst bei Frauen mit über 100 g pro Woche noch bei 15,5 Prozent und damit niedriger als bei den Abstinenzlern.
100 g Alkohol sind zum Beispiel in einem Liter Rotwein (12,5 Vol.-%) enthalten.

Sterberate bis 20 Prozent geringer
Wurden nun verschiedene Faktoren wie Alter, Tumorstadium oder Brustkrebsprädispositionen berücksichtigt, so war die brustkrebsbedingte Sterberate bei Frauen mit 30 bis 60 g Alkohol pro Woche um 15 Prozent geringer als bei Abstinenzlern.
Noch deutlicher war der Zusammenhang bei kardiovaskulär bedingten Sterbefällen. Diese waren in der Gruppe mit 70 bis 90 g Alkohol am geringsten, und zwar um 25 Prozent niedriger als bei den Frauen ohne jeglichen Alkohol.
Schließlich übersetzte sich dies auch in eine reduzierte Gesamtsterberate: Sie war in der Gruppe mit 30 bis 60 g Alkohol pro Woche um 20 Prozent niedriger als bei den Abstinenzlern.
Doch hierbei zeigte sich auch, dass der Nutzen bei hohem Alkoholkonsum wieder verschwand: Frauen mit mehr als 100 g pro Woche hatten keinen Vorteil bei der Gesamtüberlebensrate.

Weniger tödliche Gefäßkrankheiten
Als nächstes nahmen die Forscher um Newcomb die Daten der 4900 Frauen unter die Lupe, von denen auch Angaben zu Trinkgewohnheiten nach der Krebsdiagnose vorlagen.
Insgesamt war bei ihnen der postdiagnostische Alkoholkonsum etwas geringer, jedoch ergab sich im Wesentlichen ein ähnliches Bild wie in der Gesamtkohorte: Verglichen mit Abstinenzlern war in der Gruppe mit 30 bis 60 g Alkohol pro Woche die Brustkrebsmortalität am geringsten (minus 20 Prozent), in der Gruppe mit 70 bis 90 g pro Woche war die kardiovaskuläre Mortalität (minus 50 Prozent) und die Gesamtsterberate (minus 36 Prozent) am niedrigsten, wobei sich die Werte hier kaum von der Gruppe mit dem höchsten Alkoholkonsum unterschieden.
Ein erhöhtes Rezidivrisiko durch Alkohol, so viel dürfte klar sein, sieht anders aus.
Interessant sind auch die Daten von den Frauen, die nach der Brustkrebsdiagnose ihr Trinkverhalten änderten: Steigerten sie ihren Konsum um mehr als 10 g pro Woche, dann war zwar die Brustkrebsmortalität etwas erhöht (plus 13 Prozent), dafür jedoch der Tod durch Herzinfarkt und Schlaganfall um über 60 Prozent geringer und die Gesamtsterberate um 24 Prozent niedriger als bei Frauen, die stets abstinent waren. Reduzierten sie den Konsum um mehr als 10 g pro Woche, dann war die Brustkrebsmortalität um 33 Prozent höher und die Gesamtsterberate so hoch wie bei durchgehend abstinenten Frauen.
Nach der Krebsdiagnose einen moderaten Alkoholkonsum plötzlich zu reduzieren, scheint also keine gute Idee zu sein.

Keine Empfehlung für Alkohol
Würde es sich nicht um moderaten Alkoholkonsum handeln, sondern um moderaten Sport, dann wäre die Empfehlung nun wohl glasklar, denn die Daten der Studie liefern auf allen drei untersuchten Ebenen konsistente Ergebnisse: Frauen, die vor der Brustkrebsdiagnose moderat trinken, Frauen die danach moderat trinken und Frauen, die ihren Alkoholkonsum nach der Diagnose leicht erhöhen - sie alle leben länger.
Bestätigt werden Newcombs Ergebnisse inzwischen durch eine ganze Reihe ähnlicher Studien: Danach profitieren Frauen mit Brustkrebs und moderatem Alkoholgenuss vor allem von einer reduzierten Rate an Herzinfarkten und Schlaganfällen, wohingegen das Rezidivrisiko nicht erhöht ist.
Frauen mit einem Mammakarzinom zu moderatem Alkoholgenuss zu animieren, traut sich aber dennoch niemand. So geben die Studienautoren zu bedenken, dass die Situation bei östrogenrezeptor-positiven und -negativen Tumoren durchaus unterschiedlich sein kann.
Und in einem Kommentar zur Studie wird darauf verwiesen, dass niemand aufgrund solcher Daten zum Alkoholkonsum bewogen werden dürfe, da mit dem Alkoholgenuss bekanntlich eine Vielzahl anderer Risiken verbunden sind.
Auch könne man nicht sicher wissen, ob das längere Leben von Frauen mit Brustkrebs tatsächlich durch den Alkoholgenuss bedingt ist oder durch damit einhergehende Lebensstilfaktoren.
Doch eines kann man solchen Frauen zumindest sagen, wenn sie gelegentlich mal ein Glas Wein trinken: Schaden tut's wohl nicht.

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