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IV-Verträge: Ärztenetze spielen zentrale Rolle

Ärzte Zeitung, 24.04.2013

Ärztenetze sind wichtige Partner für Krankenkassen - doch deren Anforderungen an die Vertragsgestaltung steigen. Womit Netze punkten können, verraten Experten der Barmer GEK und der AOK Bayern.

BERLIN. Eine gänzlich neue Strategie verfolgt die Barmer GEK bei ihren Integrationsverträgen.
Sie misst Ärztenetzen dabei eine zentrale Bedeutung bei.
"Diese Konstellation steht im Zentrum neuer Versorgungsformen und ist mit sehr hohen Erwartungen verbunden", sagte Christian Graf, Abteilungsleiter Produktentwicklung, Versorgungsmanagement und Prävention bei der Barmer GEK in Wuppertal, beim 8. Gesundheitsnetzwerker-Kongress in Berlin.
Die Erwartungen an die Netze orientieren sich nach seinen Worten am Chronic Care Modell der WHO von 2002. Als gesetzt gelten dabei Professionen-Mix, regionale Versorgungssteuerung und Populationsbezug.
Zudem gebe es auch einen Bedarf an einer Managementebene unterhalb der Landes- oder KV -Bezirksebene, so Graf.

Bei ihren Verträgen mit Netzen setzt die Barmer auf einen Vergütungsmix aus
erfolgsabhängigen und -unabhängigen Pauschalen. Weil die Kasse den Fokus der Netze auf die Versorgung richten will und nicht auf die Einschreibung, hat sie ein spezielles Kennzahlensystem mit dem Titel Bravo (Benchmarking regionaler Arztnetzversorgung) entwickelt.
In diesem Rahmen werden zahlreiche Routinedaten erhoben, unter anderem die Zahl der Arztkontakte, DMP-Teilnahme, leitliniengerechte Versorgung oder Krankenhausaufenthalte, Morbidität oder Diagnosequalität. Diese Kennzahlen dienen als Erfolgsparameter für die Netzvergütung.
Ein Beispiel: Zur Bestimmung der Diagnosequalität wird unter anderem der Anteil ungeklärter Verdachtsdiagnosen innerhalb eines Arztnetzes erhoben.
Der Anteil ungeklärter Verdachtsdiagnosen liegt im Netz bei 16 Prozent, bei Ärzten außerhalb des Netzes in der gleichen Region aber nur bei neun Prozent. Auf dieser Basis vereinbart die Barmer GEK mit dem Netz eine Vergütung für die Senkung des Anteils auf einen bestimmten Zielwert innerhalb eines Jahres.
"Wenn die Kennzahlen erfüllt werden, erfolgt die erfolgsabhängige Vergütung", so Graf.

Insgesamt 17 Netze nehmen an dem Benchmarking teil, mit acht von ihnen hat die Kasse Verträge geschlossen. Das größte Netzt hat 19.000 Patienten
Auch die AOK Bayern hat bestimmte Standards für ihre Verträge mit Netzen eingeführt. Mehr als 70.000 Versicherte der AOK Bayern werden nach Angaben von Erwin Bader, Fachbereichsleiter Verträge im Versorgungsmanagement der AOK Bayern, derzeit schon im Rahmen von Verträgen mit Ärztenetzen versorgt.
Das kleinste Vertragsnetz hat 3500 Patienten, das größte 19.000. Mit sechs Netzen hat die Kasse langjährige Verträge, vier Netze hat sie 2012 neu unter Vertrag genommen, und mit zwei weiteren stehen die Verhandlungen kurz vor dem Abschluss.

Insgesamt sind 387 Haus- und Kinderärzte und 375 Fachärzte in diesen Netzen organisiert. Ein Netz, das die Kasse für einen Vertrag gewinnen will, muss die Initiative ergreifen. "Wir warten ganz bewusst, wer auf uns zukommt", sagt Bader. Ist das Angebot interessant, starten Vertragsverhandlungen. Alle Arztnetzverträge der AOK Bayern basieren auf einem vorgefertigten Netzmustervertrag.
Darin sind Vergütung und Abrechnung weitestgehend standardisiert. "Die grundsätzliche Vergütungssystematik ist unveränderlich, ebenso bestimmte Formulierungen im Vertragstext", sagt Bader.
Anders sei das Selektivvertragsgeschäft für die Kasse "administrativ nicht händelbar".

Reifegrad des Netztes für AOK entscheidend

Bei ihren Verträgen mit Netzen setzt die Barmer auf einen Vergütungsmix aus
erfolgsabhängigen und -unabhängigen Pauschalen. Weil die Kasse den Fokus der Netze auf die Versorgung richten will und nicht auf die Einschreibung, hat sie ein spezielles Kennzahlensystem mit dem Titel Bravo (Benchmarking regionaler Arztnetzversorgung) entwickelt.
In diesem Rahmen werden zahlreiche Routinedaten erhoben, unter anderem die Zahl der Arztkontakte, DMP-Teilnahme, leitliniengerechte Versorgung oder Krankenhausaufenthalte, Morbidität oder Diagnosequalität. Diese Kennzahlen dienen als Erfolgsparameter für die Netzvergütung.
Ein Beispiel: Zur Bestimmung der Diagnosequalität wird unter anderem der Anteil ungeklärter Verdachtsdiagnosen innerhalb eines Arztnetzes erhoben.
Der Anteil ungeklärter Verdachtsdiagnosen liegt im Netz bei 16 Prozent, bei Ärzten außerhalb des Netzes in der gleichen Region aber nur bei neun Prozent. Auf dieser Basis vereinbart die Barmer GEK mit dem Netz eine Vergütung für die Senkung des Anteils auf einen bestimmten Zielwert innerhalb eines Jahres.
"Wenn die Kennzahlen erfüllt werden, erfolgt die erfolgsabhängige Vergütung", so Graf.
Insgesamt 17 Netze nehmen an dem Benchmarking teil, mit acht von ihnen hat die Kasse Verträge geschlossen.

Das größte Netzt hat 19.000 Patienten

Auch die AOK Bayern hat bestimmte Standards für ihre Verträge mit Netzen eingeführt. Mehr als 70.000 Versicherte der AOK Bayern werden nach Angaben von Erwin Bader, Fachbereichsleiter Verträge im Versorgungsmanagement der AOK Bayern, derzeit schon im Rahmen von Verträgen mit Ärztenetzen versorgt.
Das kleinste Vertragsnetz hat 3500 Patienten, das größte 19.000. Mit sechs Ärztzen hat die Kasse langjährige Verträge, vier Netze hat sie 2012 neu unter Vertrag genommen, und mit zwei weiteren stehen die Verhandlungen kurz vor dem Abschluss. Insgesamt sind 387 Haus- und Kinderärzte und 375 Fachärzte in diesen Netzen organisiert. Ein Netz, das die Kasse für einen Vertrag gewinnen will, muss die Initiative ergreifen. "Wir
warten ganz bewusst, wer auf uns zukommt", sagt Bader. Ist das Angebot interessant, starten Vertragsverhandlungen.
Alle Arztnetzverträge der AOK Bayern basieren auf einem vorgefertigten Netzmustervertrag. Darin sind Vergütung und Abrechnung weitestgehend standardisiert. "Die grundsätzliche Vergütungssystematik ist unveränderlich, ebenso bestimmte Formulierungen im Vertragstext",
sagt Bader.
Anders sei das Selektivvertragsgeschäft für die Kasse "administrativ nicht händelbar".

Reifegrad des Netztes für AOK entscheidend

Eine weitere Bedingung: Verträge dürfen nicht dem Vergaberecht unterliegen. "Das ist ein irrsinniger Aufwand." Bestimmte Vertragsinhalte sind daher laut Bader schon aus juristischen Gründen gefordert.
So reicht es nicht, wenn Ärzte die Zusammenarbeit im Netz leben, auch der Vertragstext muss das klar erkennen lassen. "Das integrative Element muss aus dem Vertrag eindeutig hervor gehen", sagt Bader.
Trotz stellenweise starrer Rahmenvorgaben haben die Netze nach Baders Darstellung in den Verhandlungen mit der AOK Bayern auch Spielräume bei der Vertragsgestaltung. Wie sie zum Beispiel die interne Vernetzung, IT-Unterstützung oder Qualitätssicherung regeln, bleibt den
Netzen überlassen.

Auch die Rechtsform ist für die AOK Bayern nicht ausschlaggebend. "Der Reifegrad des Netzes ist das Entscheidende", sagt Bader.
Die AOK Bayern macht sich deshalb vor Vertragsabschluss gern persönlich ein Bild von den inneren Strukturen eines Netzes, seiner Verbindlichkeit, seiner bisherigen Entwicklung, seinen Zielen und dem Grad der IT-Vernetzung.
Die Kriterien der Kasse sind dabei laut Bader in weiten Teilen deckungsgleich mit den Kriterien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) für die Förderung von Netzen nach §87b SGB V. Bader sagt: "Wenn ein Netz die KBV-Kriterien erfüllt, ist das für uns schon mal ein gutes
Zeichen."

Regelmäßige Qualitätszirkel
Zusätzlich erhebt die AOK Bayern aber ihre eigenen Mindestanforderungen. Neben den bereits geschilderten juristischen Voraussetzungen legt sie Wert auf IT-Vernetzung, standardisierte Kommunikationswege und gemeinsame Behandlungspfade, die das Netz selbst für den
konkreten Bedarf vor Ort erarbeitet hat. Weitere Kriterien sind regelmäßige Qualitätszirkel, verbindliche Regeln, die im Extremfall auch
Sanktionen vorsehen, und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Hausärzten und Fachärzten. "Ein reines Hausarztnetz kommt für uns als Vertragspartner nicht infrage", sagt Bader. Doch es gibt noch immer rund 150 Krankenkassen und jede tickt anders. "Jede Kasse hat ihre eigene Philosophie und ihre eigenen Interessen", sagt Bader. Das mögen manche Netze beklagen, weil sie mit jeder Kasse einzeln verhandeln müssen. Für
andere ist es eine Chance. Wer bei der einen Kasse nicht zum Zug kommt, trifft bei einer anderen auf Interesse. Eine weitere Bedingung: Verträge dürfen nicht dem Vergaberecht unterliegen. "Das ist ein
irrsinniger Aufwand." Bestimmte Vertragsinhalte sind daher laut Bader schon aus juristischen Gründen gefordert.
So reicht es nicht, wenn Ärzte die Zusammenarbeit im Netz leben, auch der Vertragstext muss das klar erkennen lassen. "Das integrative Element muss aus dem Vertrag eindeutig hervor gehen", sagt Bader.
Trotz stellenweise starrer Rahmenvorgaben haben die Netze nach Baders Darstellung in den Verhandlungen mit der AOK Bayern auch Spielräume bei der Vertragsgestaltung. Wie sie zum Beispiel die interne Vernetzung, IT-Unterstützung oder Qualitätssicherung regeln, bleibt den
Netzen überlassen.
Auch die Rechtsform ist für die AOK Bayern nicht ausschlaggebend. "Der Reifegrad des Netzes ist das Entscheidende", sagt Bader.
Die AOK Bayern macht sich deshalb vor Vertragsabschluss gern persönlich ein Bild von den inneren Strukturen eines Netzes, seiner Verbindlichkeit, seiner bisherigen Entwicklung, seinen Zielen und dem Grad der IT-Vernetzung.
Die Kriterien der Kasse sind dabei laut Bader in weiten Teilen deckungsgleich mit den Kriterien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) für die Förderung von Nutzen nach §87b SGB V. Bader sagt: "Wenn ein Netz die KBV-Kriterien erfüllt, ist das für uns schon mal ein gutes
Zeichen."

Regelmäßige Qualitätszirkel
Zusätzlich erhebt die AOK Bayern aber ihre eigenen Mindestanforderungen. Neben den bereits geschilderten juristischen Voraussetzungen legt sie Wert auf IT-Vernetzung, standardisierte Kommunikationswege und gemeinsame Behandlungspfade, die das Netz selbst für den
konkreten Bedarf vor Ort erarbeitet hat.
Weitere Kriterien sind regelmäßige Qualitätszirkel, verbindliche Regeln, die im Extremfall auch Sanktionen vorsehen, und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Hausärzten und Fachärzten. "Ein reines Hausarztnetz kommt für uns als Vertragspartner nicht infrage", sagt Bader.
Doch es gibt noch immer rund 150 Krankenkassen und jede tickt anders. "Jede Kasse hat ihre eigene Philosophie und ihre eigenen Interessen", sagt Bader.
Das mögen manche Netze beklagen, weil sie mit jeder Kasse einzeln verhandeln müssen. Für andere ist es eine Chance.
Wer bei der einen Kasse nicht zum Zug kommt, trifft bei einer anderen auf Interesse.

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