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Die Kiwis machen es vor

Je kleiner, desto feiner: Bei der IT im Gesundheitswesen zeigen oft die kleinen Länder, wo der Weg hingehen kann. So auch Neuseeland: Vor einem Jahr hat der Kiwi-Staat damit begonnen, Praxen und Kliniken zu vernetzen - mit Erfolg.

BERLIN. Bei der Gesundheits-IT machen oft kleinere Länder mit anspruchsvollen Projekten von sich reden. So schreibt Neuseeland jetzt mit einer elektronischen Patientenakte eine Erfolgsgeschichte.
Als der Kiwi-Staat im Jahr 2011 von einem schweren Erdbeben erschüttert wurde, machte das dortige Gesundheitssystem eine interessante Erfahrung: Die elektronischen Patientenakten der Krankenhäuser in der am stärksten betroffenen Stadt Christchurch hatten die Katastrophe durchweg ohne größere Blessuren überstanden.
Probleme gab es dagegen an vielen Stellen mit der Papierdokumentation der ambulanten Ärzte, die teils vernichtet, teils zeitweise nicht zugänglich waren.
Der zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon geplante Aufbau einer einrichtungsübergreifenden elektronischen Patientenakte ("electronic shared care record view", eSCRV) erhielt durch diese Erfahrung einen deutlichen Schub.
Im Jahr 2012 wurde in der Region Canterbury, der größten Neuseelands, mit dem Roll-out begonnen. Jetzt, gut ein Jahr später, seien das Krankenhaus, sämtliche Apotheken, der Pflegedienst und ein Großteil der niedergelassenen Ärzte online, berichtete Nigel Millar, Chief Medical Officer bei der Gesundheitsbehörde des Bezirks.

Per Button in die Akte

Millar war kürzlich in Deutschland, um über das Projekt zu berichten. Und auch wenn in Deutschland eine derartige Akte wohl nicht möglich wäre, so lohnte es doch, ihm zuzuhören. Technisch ist die eSCRV extrem simpel: Es handelt sich um einen serverbasierten Datensafe, der insgesamt nur 1,5 Millionen neuseeländische Dollar gekostet hat.
Über einen Button ist er in die IT-Systeme der beteiligten Einrichtungen integriert. Die Programmierung der Schnittstellen wurde von den Behörden bezahlt.
Einmal pro Stunde wird die zentrale Akte automatisch aktualisiert. Niemand muss also irgendetwas aktiv hochladen. Welche Dokumente eingestellt werden, haben die Ärzte aus Klinik und Niederlassung gemeinsam festgelegt, wobei die niedergelassenen Ärzte im Einzelfall die Möglichkeit haben, bestimmte Dokumente auszuklammern.
Hat ein Arzt einen Patienten vor sich, den er noch nicht kennt, kann er unter Zuhilfenahme der Versichertennummer auf die zentrale Akte zugreifen, sofern der Patient ihm das gestattet.
Diese Zustimmung wird dokumentiert, und alle Zugriffe werden protokolliert. Missbrauch wird dadurch nicht ausgeschlossen, aber er wird nachvollziehbar.
Das Ganze ist simpel und funktioniert. Die Akte werde rege genutzt, so Millar. Überschwänglich begeistert seien ambulant tätige Chirurgen, die die neue Akte schon wenige Wochen nach Inbetriebnahme als unverzichtbar bezeichnet hätten.

Datenzugriff streng geregelt

Mittlerweile sind mehrere hunderttausend Akten angelegt. Nur einige wenige Patienten haben bisher von ihrem Opt-Out-Recht Gebrauch gemacht.
Der Inhalt des eSCRV wird in keiner Weise bearbeitet. Neue Dokumente fließen chronologisch und nach Dokumententyp geordnet in die Akte ein. Die Gefahr, dass das Ganze dadurch bei einigen Patienten früher oder später unübersichtlich wird, sieht man.
Derzeit sei das aber noch kein Problem, so Millar. Und wenn es so weit ist, muss das Ärzteteam, das die Inhalte der Akte festlegt, gegebenenfalls Lösungen erarbeiten. Die Gesundheitsbehörde selbst hat auf die Daten weder Zugriff noch kann sie sie in irgendeiner Weise auswerten.
Nach dem erfolgreichen Start in der Region Canterbury soll die von dem neuseeländischen IT-Anbieter Orion Health entwickelte Akte bald auch in anderen Regionen eingeführt werden.

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